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Project-Gruppe Auszahlungen an Anleger gestoppt………..


Project-Gruppe Auszahlungen an Anleger gestoppt

20.09.2023



Project-Gruppe - Auszahlungen an Anleger gestoppt
Baustelle. Ein Bauprojekt der insolventen Project Immobilien in Berlin-Lichter­felde. © Stiftung Warentest

Anleger geschlossener Fonds und Alternativer Investmentfonds von Project müssen sich auf deutliche Verluste einstellen. Wichtige Unternehmen der Gruppe sind insolvent.

Geschlossene Fonds und Alternative Investmentfonds (AIF) der Project-Gruppe aus Bamberg haben Ausschüttungen an Anle­gerinnen und Anleger einge­stellt. Diese müssen sich auf empfindliche Verluste einstellen. Die Unternehmen investierten mittel­bar in Immobilien, die Project-Schwestergesell­schaften entwickelten. Mehrere davon haben im August Insolvenz angemeldet. Geführt dazu habe laut Project „eine Vielzahl von Faktoren, die sich teil­weise noch gegen­seitig ungünstig verstärkt haben, die diese Entwick­lung möglich machten.“ Ein wichtiger Grund für die Insolvenz seien die enorm gestiegenen Baukosten infolge des Ukrainekrieges. Dabei sei es nicht möglich gewesen, diese Kosten­steigerungen an die Kunden weiterzugeben.

Rendi­teerwartung bei Fonds gesenkt

Dass die Entwick­lung Project in solche Schwierig­keiten bringen würde, war nicht abzu­sehen. Projekt­entwick­lung, also das Konzipieren und Umsetzen von Bauprojekten, gilt zwar als riskanter als das Halten und Vermieten von Immobilien, ist dafür aber mit der Chance auf höhere Renditen behaftet. Die Finanzierungs­struktur von Project galt dabei als risikoärmer als die anderer Entwickler, weil die Gruppe vor allem auf Anleger­kapital statt Bank­kredite setzte. Die Gruppe galt als sehr erfahren. Im Mai 2023 hatte Project zwar die Rendi­teerwartung für das damals aktuelle Angebot „Project Metro­polen 22“ in einem Nach­trag zum Verkaufs­prospekt reduziert, ging aber weiterhin davon aus, dass Anleger mehr zurück­erhalten würden als sie einge­zahlt hatten.

Viele Projektgesell­schaften insolvent

Zu den insolventen Unternehmen zählen die Holdinggesell­schaft Project Real Estate AG (PRE) und die Project Immobilien Management GmbH (PMG), die für die Bauleitung zuständig war, sowie die Gesell­schaft, die Projekte konzipierte, und die Makler-Gesell­schaft. Die einzelnen Bauprojekte waren jeweils in Projektgesell­schaften ausgegliedert. Von den 118 Projektgesell­schaften mit mehr als 1 852 Wohnungen und 16 Gewer­beobjekten bundes­weit hatten bis Ende August 56 Insolvenz angemeldet, darunter 33 laufende oder nahezu abge­schlossene Bauprojekte. Die übrigen halten nur Grund­stücke oder ihre Bauprojekte sind bereits voll­ständig abge­schlossen. Die Baustellen standen seit Sommer still. Project war vor allem in Berlin und Potsdam, Hamburg, Düssel­dorf, dem Rhein-Main-Gebiet und den Groß­räumen München und Nürn­berg tätig.

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Anlegende finanzierten mehr als eine Milliarde Euro

Von der Investment-Sparte, die für die Fonds­angebote zuständig war, ist nur die Project Vermitt­lungs GmbH (PVG) betroffen, die Fonds­gesell­schaften jedoch nicht. Mehr als 30 Angebote hatte Project seit der Gründung 1995 aufgelegt und dabei mehr als 1,3 Milliarden Euro von etwa 30 000 Anle­gerinnen und Anlegern einge­sammelt. Jedes Bauprojekt ist über einen Fonds der Project-Gruppe finanziert. Die Fonds beteiligten sich an mehreren Bauprojekten.

Spielräume bei vielen Projekten sehr eng

Anlegende müssen mit einschneidenden Verlusten rechnen. Wie hoch sie ausfallen, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Volker Böhm, der vorläufige Insolvenz­verwalter der Kanzlei Schultze & Braun, teilte am 8. September mit, bei sämtlichen Projekten mit Unternehmen zu sprechen, die sie über­nehmen und fertigstellen könnten. Die Bauprojekte seien „grund­sätzlich fortführungs­fähig“. Die Spielräume bezeichnete Böhm bei vielen Projekten als „sehr eng“. Baufort­schritt und finanzielle Situation seien sehr unterschiedlich. In einigen Fällen liefen schon konkrete Vertrags­verhand­lungen.

Höhere Kosten gehen zu Lasten der Fonds

Dennoch ist damit zu rechnen, dass sich der Bau durch die unerwarteten Änderungen verteuern wird. Das wiederum geht zu Lasten der Ergeb­nisse der Fonds­gesell­schaften. Die Ausschüttungen, die Anlegende bislang erhielten, dürften in den meisten Fällen nicht aus erwirt­schafteten Gewinnen stammen. Sollten Fonds­gesell­schaften insolvent werden, bei denen dies so war, könnte es passieren, dass die Insolvenz­verwalter die Zahlungen von den Anle­gerinnen und Anlegern zurück­fordern.

Investments nur vage beschrieben

Projekt­entwickler legen sich oft noch nicht fest, in welche konkreten Projekte sie investieren, wenn sie Geld von Anlegern einsammeln. Das galt auch für Fonds von Project. Project ließ sich zum Beispiel beim Fonds Wohnen 14 viele Freiheiten bei den Investments laut Beschreibung im Verkaufs­prospekt. Stand bei Auflage nicht zum großen Teil fest, in was die jeweiligen Gesell­schaften investieren wollten, war dies für die Stiftung Warentest ebenfalls ein Ausschluss­kriterium, weil die Qualität der Investments damit nicht zu über­prüfen ist. Solche Angebote wurden bei Untersuchungen geschlossener Fonds und AIF schon im Vorfeld aussortiert.

Bei einigen Angeboten waren Ratenzah­lungen möglich

Bei einigen Project-Angeboten war es möglich, die Anlagesumme nicht auf einmal, sondern in Raten einzuzahlen. Dies war ebenfalls ein Ausschluss­kriterium bei Unter­suchungen von Stiftung Warentest. Denn Anlegende müssen grund­sätzlich mit den Ratenzah­lungen fortfahren, auch wenn offensicht­lich ist, dass sie ihr Geld nicht komplett wieder­sehen. Stiftung Warentest hält Ratensparangebote bei unternehmerischen Beteiligungsmodellen daher für zu riskant.

Anleger berichten, Project habe mitgeteilt, diese Verpflichtung auszusetzen. Project äußerte sich bis Redak­tions­schluss nicht dazu und teilte mit, noch nicht aussagekräftig zu möglichen Folgen für die Fonds antworten zu können.

  • Tipp: Stoppen Sie Ihre Ratenzahlung nicht einfach, falls die Zahlungs­pflicht nicht ausgesetzt wird. Lassen Sie sich anwalt­lich beraten, ob und wie Sie sie beenden können.

Hohe Unsicherheit für Käufer der Wohnungen

In hoher Unsicherheit leben auch die Käufer noch nicht fertiggestellter Wohnungen. Insolvenz­verwalter Böhm betonte: „Wo immer es geht, wollen wir einen längeren Still­stand der Baustellen vermeiden. Zu welchen Bedingungen das möglich ist, und was das für die Käufer bedeutet, werden die Verhand­lungen in den nächsten Wochen zeigen.“ Parallel dazu arbeite er daran, den Geschäfts­betrieb der operativen Gesell­schaften der Project Immobilien-Gruppe aufrecht­zuerhalten und zu stabilisieren.

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